Argumente – „Gegenargumente“

Missbrauch des Katalogs der Krankheiten (ICD)

Alle Sachverständigen aus dem Bereich der Psychiatrie, der Psychologie, der Sexualwissenschaft und der Pädagogik stimmen darin überein, dass die homosexuelle Prägung schon in frühester Kindheit erfolgt. Homosexualität ist eine Facette der menschlichen Sexualität. Nicht mehr und nicht weniger. Die WHO hat Homosexualität bereits 1992 aus dem Katalog der Krankheiten (ICD) gestrichen.

Es gibt aber fundamentalistische protestantische Gruppen und Sekten, die behaupten, Homosexualität ließe sich mit „Gottes Hilfe heilen“. Weltweit beziehen sich Organisationen, die für die Veränderbarkeit und Heilungsbedürftigkeit von Homosexualität eintreten, auf die Diagnose F66.1 der ICD: Ichdystone Sexualorientierung.

Der ICD geht davon aus, dass die sexuelle Ausrichtung eindeutig heterosexuell, homosexuell, bisexuell oder präpubertär ist und es nur um den Wunsch des Probanden geht, die sexuelle Ausrichtung solle anders sein. Die sexuelle Orientierung ist nicht Gegenstand der Diagnose.

Organisationen, die sich der „Heilung“ von Homosexualität verschrieben haben, missbrauchen den ICD, indem sie einseitig Homosexualität für behandlungsbedürftig hinstellen.

Therapie- und Umpolungsangebote weg von Homosexualität stellen daher für Betroffene und Verbände wie den Lesben- und Schwulenverband (LSVD), eine Zumutung und eine Beleidigung dar. Sie sind nicht nur gefährlich und unwissenschaftlich. Unsere Ansicht wird durch die allgemein anerkannte Wissenschaft gestützt.

Missbrauch von Wissenschaft

Prof. emer. Dr. rer. nat. Udo Rauchfleisch (Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Basel und Psychotherapeut in privater Praxis) widerlegt Studien, die behaupten, dass die sexuelle Orientierung veränderbar sei:

Wenn (…) psychiatrische oder psychologische Autoren (…) herangezogen werden, sind es in der Regel stets die gleichen, (…) Autoren, die in Fachkreisen völlig unbekannt sind und mit ihrer einseitig die Homosexualität pathologisierenden Sicht nicht mehr der heute vertretenen Ansicht entsprechen.

Er schreibt weiter:

„Die uns heute vorliegenden humanwissenschaftlichen Forschungsergebnisse lassen erkennen, dass die sexuellen Orientierungen homosexueller wie heterosexueller Art einerseits auf genetischen Dispositionen beruhen und andererseits, von diesen Dispositionen ausgehend, sehr früh im Leben eine in ihrer Grundstruktur nicht veränderbare Ausformung erfahren.“ (Link zu seinem Text)

Besonders oft beziehen sich Menschen, die die so genannte „Umpolung“ von Homo- zu Heterosexuellen propagieren auf eine Studie von Prof. Robert Spitzer, die er im Jahr 2001 vor der „American Psychiatric Association“ (APA) vorstellte.

Dr. Christl Vonholdt, damalige Leiterin des DIJG, berichtet auf einem Vortrag, den sie im Februar 2008 in Wien bei der Gemeinschaft „Umkehr zum Herrn“ zum Thema „Homosexualität verstehen – Warum Eingetragene Partnerschaften nicht sinnvoll sind“ hielt über die Studie: „Über 60 Prozent der Männer und über 40 Prozent der Frauen hatten nach entsprechender Therapie dauerhaft zu einem “guten heterosexuellen Leben“ gefunden.“

Problematisch daran ist, dass bei der Studie als Teilnehmende nur die Personen gezählt wurden, die sich selbst als „Erfolgsfall“ einer Therapie betrachteten. Zu der Frage, wie groß die Erfolgschancen einer „Umpolungstherapie“ sind, kann die Studie daher nichts beitragen. Auch Prof. Spitzer wies in seinen Vortrag darauf hin, wie schwer es ihm gefallen sei, die 200 Teilnehmenden der Studie zusammen zu bekommen. In diesem Interview spricht er darüber, wie fundamentalistische Organisationen seine Arbeit ausnutzen, er bedauert dies. (Video mit Prof. Spitzer)

Die „Umpolungsorganisation“ Wüstenstrom schreibt auf ihrer Webseite: „(…) dass es sich bei der Homosexualität um eine Sache handelt, die in den Entscheidungsbereich des Menschen fällt. Um diese Entscheidung aber für alle Seiten flexibel zu halten, ist es ethisch geboten, für diejenigen nach therapeutischen Veränderungsmöglichkeiten zu fragen, die sich nicht für eine „homosexuelle Identität” entscheiden wollen, sondern eine Veränderung wünschen. Die These der willentlichen Veränderung – und das ist der Punkt, auf den es ankommt – beruht auf einer Entscheidung.

Prof. emer. Dr. rer. nat. Udo Rauchfleisch bewertet solche „therapeutischen Veränderungsmöglichkeiten“ folgendermaßen: „Gewiss sind im Verlauf des weiteren Lebens Änderungen des sexuellen Verhaltens möglich, vor allem wenn, wie in evangelikal-fundamentalistischen Kreisen, die Bezugsgruppe eines Menschen einen starken Druck auf ihn ausübt. Das Resultat solcher Beeinflussung von außen ist aber höchstens eine Änderung des Sexualverhaltens (…). Die eigentliche sexuelle Orientierung (…) lässt sich jedoch nicht verändern. (…) Häufig wird die Änderung im Sexualverhalten mit schweren Depressionen, zentralen Selbstwertproblemen und tiefer Verzweiflung erkauft und kann bis zum Suizid des betreffenden Menschen führen. (…) Es ist deshalb wichtig, dass die medizinischen und psychologischen Fachverbände eindeutig Stellung nehmen gegen derartige unprofessionelle und ethisch nicht vertretbare Aktivitäten.“ (Link zu seinem Text)

Weitere Ressourcen

Gutachten und Stellungnahmen von Wissenschaftler*innen, Fachverbänden und des Deutschen Bundestags

Hier finden Sie verschiedene Texte von Dr. Valeria Hink, Mitarbeiterin des evangelikal geprägten Verein Zwischenraum und Autorin des Buches „Streitfall Liebe„. Sie deckt viele Pseudolehren, den massiven Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Homoheiler und eine Vielzahl weiterer Problemfelder auf. Sie geht auch auf die Homosexualität und den christlichen Glauben ein. Dabei wird deutlich, dass Homosexualität und Glaube kein Widerspruch ist.